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Florian Russi: Worauf wir stolz sein können

Mehr als 280 bedeutende deutsche Persönlichkeiten, Leistungen, Unternehmungen, Erfindungen und Ereignisse stellt Florian Russi in diesem Buch vor. 

Wolfgang Müller

Wolfgang Müller

Florian Russi

Eine Verkehrsverbindung zwischen Bergern und Schoppendorf gab es zu dieser Zeit nicht. Damit der damals achtjährige Wolfgang Müller die Grundschule besuchen konnte, wurden ihm und seinen Bergerner Schulkameraden Bezugsscheine für Schuhe ausgestellt. Auf mit Leder umwundenen hölzernen Sohlen marschierten die Kinder Anfang 1950 jeden Morgen über die Landstraße zum Schulunterricht nach Schoppendorf. Wolfgangs Hauptproblem war jedoch anderer Art. In der einklassigen Grundschule bekam er auch den Lernstoff der Älteren mit und begann sich bald zu langweilen. Er wurde „rotzfrech" und darunter hatte vor allem seine Mitschülerin Gudrun Michler zu leiden, die er bei jeder Gelegenheit nervte und drangsalierte. Sein Lehrer aber war froh, ihn nach dem vierten Schuljahr an die Hauptschule abgeben zu können. Die lag in Wolfgang Müllers Wohnort Bergern, war ebenfalls einklassig und wurde von Gudruns Vater als alleinerziehendem Lehrer geleitet. Vater Michler erkannte in dem Jungen viele Talente und förderte ihn, soweit er konnte.
Wolfgang Müller und der Maler Matt Lamb vor dem Hospiz Bad Berka
Wolfgang Müller und der Maler Matt Lamb vor dem Hospiz Bad Berka

Nach dem Besuch der Mittelschule in Bad Berka machte Wolfgang Müller 1958 im „Weimarwerk" eine Lehre als Werkzeugmacher. Dabei traf er mit Jugendlichen zusammen, die den neu eingeführten Polytechnischen Unterricht besuchten. Er schloss sich ihnen an, nahm anschließend eine Ausbildung zum Unterstufenlehrer und danach ein Fernstudium zum Fachlehrer für Polytechnik auf. Als Lehrer war er dann zunächst in Bad Berka tätig, wo er unter anderem eine alte Ziegelei zu einem polytechnischen Kabinett umgestaltete. Später wurde er Referent für Polytechnik beim Rat des Kreises Weimar und avancierte zum Stellvertreter des Kreisschulrats. Nebenbei leitete er zehn Jahre lang die Freiwillige Feuerwehr seiner Heimatgemeinde Bergern.

Im Jahr 1963 schlug er seiner ehemaligen Mitschülerin Gudrun Michler vor, sie nicht mehr zu triezen, sondern sie stattdessen zu heiraten. Sie bekamen zwei Söhne, die beide später Bauingenieure wurden.

Sozialministerin Heike Taubert überreicht Wolfgang Müller das Bundesverdienstkreuz
Sozialministerin Heike Taubert überreicht Wolfgang Müller das Bundesverdienstkreuz

Nach der Wende leitete Wolfgang Müller drei Jahre lang das neu gegründete Aussiedlerheim in Nohra und widmete sich der sozialen Integration von Rußland-Deutschen. Zusammen mit seiner Ehefrau half er beim Aufbau des 1991 gegründeten Trägerwerks Soziale Dienste in Thüringen mit, dessen Stellvertretender Vorsitzender er 1995 wurde. Im selben Jahr gründete er die Trägerwerk Soziale Dienste Wohnen plus... gGmbH, eine Gesellschaft, die sich die Betreuung älterer und kranker Menschen zur Aufgabe gemacht hat. Für die Gruppe der Trägerwerke, die mit Hauptsitz in Weimar in sechs Bundesländern über zweihundert Einrichtungen betreibt, wurde er zum führenden Experten für die Altenpflege. Mit dem Hospiz in Bad Berka errichtete er die erste Einrichtung dieser Art in Thüringen.

Seit 1994 ist Müller auch ehrenamtlicher Bürgermeister von Bergern, das, idyllisch am Hexenberg gelegen, heute einen Stadtteil von Bad Berka bildet. Es gelang ihm, den irisch-amerikanischen Maler und Friedensaktivisten Matt Lamb dafür zu gewinnen, die kleine Dorfkirche „Zum Kripplein Christi" ehrenamtlich auszumalen und damit eine kulturelle Attraktion für die Gemeinde zu schaffen.

Im Jahr 2010 wurde Wolfgang Müller für seine Leistungen vom Bundespräsidenten Dr. Köhler mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

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Fotos:
Florian Russi (3)
Susanne Wellhöfer (1)

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