Die Stadtnähe, die großzügig gestalteten Rasenflächen und kleinen Oasen zum Entspannen und die baulichen historischen Sehenswürdigkeiten machen den Park an der Ilm zu einem sehenswerten und gern besuchten Ort in der Kulturstadt Weimar. Doch darüber hinaus kann sich der Besucher auch über die gartenkünstlerische Umsetzung erfreuen, die ab 1778 von keinen geringeren als Großherzog Carl August und Johann Wolfgang von Goethe eingebracht wurden. Die abwechslungsreichen Landschaftsbilder werden durch die vielfältigen Parkarchitekturen, wie das Römische Haus oder das Borkenhäuschen, welche nicht kontrastreicher zueinander stehen könnten, ergänzt.
Das Highlight der Parkanlage bildet das Goethegartenhaus mit dem von Gothe liebevoll gepflegten Garten im Berecich des sogenannten Sterns. Das ehemalige Weinberghaus wurde dem bekannten Dichter als Geschenk des Herzogs Carl August am 21.April 1776 übereignet, nicht nur um diesem seine Wertschätzung kundzutun, sondern auch unter dem Aspekt, den Dichterfürsten an die Stadt zu binden. 600 Taler kostete das Haus am Ilmhang und wurde durch den berühmten Weimarer Verleger Bertuch im Auftrag des Herzogs erworben. Bereits kurz nach dem Erwerb wurden unter der Leitung des Hofgärtners Reichert „dringliche Kulturarbeiten“ durchgeführt. Die Wünsche Goethes flossen alsbald schon in die Umbauarbeiten ein, so zum Beispiel bei der Gestaltung der Steinstufen, die zu einer neu angelegten Terrasse führten. Aufwendige Erdarbeiten erforderten Ausgabaen von nochmals 1.294 Talern, welche etwa ein Drittel der Gesamtkosten, inklusive der Restaurierung des Hauses, ausmachten. Das Haus wurde sowohl von innen als auch von außen gründlich restauriert, die vorhandenen Wege verbessert bzw. neu angelegt. Die gesamte Ausstattung des Hauses, und ebenso die Wirtschaftsgegenstände aller Art, wurden Goethe durch den Herzog zur Verfügung gestellt. Dies beinhaltete unter anderem Porzellan, aber auch Tafelservice in Silber. Goethe war darüber so dankbar und erfreut, dass ein Eintrag in sein Tagebuch lautete: „Heiliges Schicksal, Du hast mir mein Haus gebaut und ausstaffiert über mein Bitten.“ Es verwundert nicht, dass der Dichter auf Grund seines bestens ausgestatteten Refugiums, allerdings zum Leidwesen seiner Mutter, schon bald den Entschluss fasste, auch im Winter das Haus im Park zu bewohnen. Dafür waren weitere Verbesserungen vonnöten, welche Goethe sogleich durchführen ließ. Den ersten Gedenkstein „Kubus mit Kugel“ ließ er 1777 setzen, heute ist dieser als „Stein des guten Glücks“ bekannt. Mit Hingabe sorgte Goethe sich um die Anpflanzung von Linden, Kiefern vor und hinter dem Haus sowie Weimutskiefern. Im Frühjahr darauf pflanzte er weitere zahlreiche Linden, Fichten und Buchen aus dem Bestand des Webichts. Die Malerarbeiten im Haus setzten sich bis November fort, was Goethe zumindest kurzzeitig zum Anlass nahm, in das Fürstenhaus umzusiedeln. Die Anpflanzung französischen Weins in seinem Garten im Ilmpark ließ er im Februar 1778 organisieren, auf Grund der winterlichen Kälte veranlasste Goethe zur gleichen Zeit das Zumauern zweier Fenster sowie die Verbesserung der Heizanlage mit dem Einbau der damals beliebten Pyramidenöfen. Seinen Wohnstandard verbesserte er weiterhin durch die Ausstopfung des Schindeldachs mit Moos sowie die Belegung der Hauptwege mit Brettern. Wie wichtig Goethe sein Gartenhaus wirklich war, zeigt sich in dem bemerkenswerten sternförmigen Mosaikpflaster vor der Haustür. Viel später erst, im Lebensabend des Dichters, wurde dieses angelegt.
Der Zugang zu Goethes Gartenhaus war zu seinen Lebzeiten zunächst von notdürftig angelegten Übergängen über die Ilm erheblich erschwert. So konnte die Ilm vom gegenüberliegenden Ufer aus lediglich über einen kleinen Steg, in Höhe der heutigen Sternbrücke, überquert werden. Eine zweite Zugangsmöglichkeit bot eine am oberen Park über die Ilm führende primitive Floßbrücke. Dies bedingte nicht nur einen erschwerten Zugang, sondern brachte auch eine gewisse soziale Isolation Goethes mit sich. Goethes Mutter, diesbezüglich zutiefst besorgt, wurde beim Herzog vorstellig und bewirkte mit ihrem Anliegen den Bau einer englischen Bogenbrücke im Jahr 1785 an der südlichen Seite des Sterns über den Floßgraben. Die heutige 62 Meter lange und 7 Meter breite Sternbrücke entstand zwar bereits in den Jahren 1651 bis 1654 im Zuge des Schlossneubaus, doch ermöglichte diese einst keinen Zugang zum Goethegartenhaus.
Eine weitere Besonderheit des Parks an der Ilm bildet das bereits zuvor erwähnte Borkenhäuschen, welches Goethe 1778 zum Namenstag von Luise, der Ehefrau des Herzog Carl Augusts, in Auftrag gab. Doch war das kleine oval geschnittene Haus, welches einem Hexenhaus ähnelt, nicht das einzige zu diesem Anlass eingeweihte Gebäude. Das als „Luisenkloster“ bezeichnete Ensemble umfasste weiterhin die Ruine eines Pulverturms sowie die Reste einer alten, gotisch umgestalteten Mauer. Das Besondere: Im Rahmen der BUGA 2021 wurde der Zugang zu dem geheimnisvollen Häuschen, welches von Goethe und Carl August gern als Rückzugsort genutzt wurde, für Besucher erstmalig wieder ermöglich. Zu diesem Zweck wurden die Fensterläden außen sowie die Deckenverkleidung innen mit einem frischen weißen Anstrich versehen.
Neben den genannten Sehenswürdigkeiten finden sich viele weitere, so der Schlangenstein, das Tempelherrenhaus oder eines der drei einzigen europäischen Shakespeare-Denkmale, nur um einige Beispiele zu nennen.
Der Park bietet seinen Besuchern zu jeder Jahreszeit seine Reize. Verschiedene Sichtachsen zeigen die längsten Ausdehnungen des Parks, viele Sitzgelegenheiten laden zum Ausruhen und Entspannen ein. Ebenso kann die Anlage für eine Wanderung zu dem in Oberweimar an der Ilm gelegenen Bienenmuseum genutzt werden.
Öffnungszeiten des Goethegartenhauses:
Mo | geschlossen |
Di - So | 10:00 - 18:00 Uhr |
Nähere Informationen finden Sie auf klassik-stiftung.de und in der Weimar+ App
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Textquellen:
Düntzer, Heinrich: Goethes Eintritt in Weimar: mit Benutzung ungedruckter Quellen, Leipzig, Ed. Wartig’s Verlag (Ernst Hoppe), 1883.
Cohn, Ferdinand: Goethe als Botaniker: Sonderabdruck aus: Die Pflanze. Vorträge aus dem Gebiete der Botanik, J.U. Kern’s Verlag, Breslau, 1895.
Bilder: von Carolin Eberhardt, August, 2021.