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Strandgut
Ein Inseltagebuch

Berndt Seite

Die Ostsee ist ein Sehnsuchtsort, an dem man seine Gedanken mit dem Meer schweifen lassen kann. Beim Anblick der Wellenbewegungen kommen Erinnerungen an das Auf und Ab des Lebens auf. In eindrucks- und stimmungsvollen Bildern beschreibt Berndt Seite in seinem Tagebuch philosophische Reflexionen in Rückblick auf sein privates und poltisches Leben. Das raue und derbe Klima der Ostsee, die verschiedenen Jahreszeiten am Meer haben dabei ihren ganz eigenen Charme und helfen ihm, alte Dinge abzustreifen und wieder zu sich selbst zu finden.

Kloster Veßra

Kloster Veßra

Thomas Handschel

Vom Chorherrenstift der Prämonstratenser zum Hennebergischen Museum

Auf dem Weg zwischen den s&uuuml;dthüringischen Städten Themar und Schleusingen stößt man auf eines der bedeutendsten kulturgeschichtlichen Baudenkmale der Region - das ehemalige Prämonstratenserkloster Veßra. Seit seiner Gründung im 12. Jahrhundert hat es eine wechselvolle Geschichte von Aufstieg und Niedergang durchlebt, wurde es von zahlreichen Umbauten und funktionellen Umwidmungen geprägt. Jahrhundertelang war es das Hauskloster der mächtigen Grafen von Henneberg. Nach seiner Säkularisation im 16. Jahrhundert diente es als fürstliche bzw. staatliche Domäne vorwiegend agrarischen Zwecken, bevor es 1975 Museum wurde und dadurch wieder zunehmend stärker als kulturhistorisches Monument ins Bewusstsein treten konnte.

Außenansicht der Südkapelle
Außenansicht der Südkapelle

Die Geschichte des Klosters

Die Entstehung des Klosters datiert man auf das Jahr 1131. Gegründet wurde es durch Graf Gotebold II. von Henneberg († 1144). Er ließ auf einem von ihm erworbenen Gelände im Tal des Flusses Schleuse - nahe der Mündung in die Werra - Mitglieder des Reformordens der Prämonstratenser (benannt nach ihrem Ursprungskloster im nordfranzösischen Prémontré) ansiedeln; die Erstbesatzung kam wahrscheinlich aus dem Prämonstratenser-Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg. Genau genommen handelte es sich bei der Veßraer Einrichtung um ein Chorherrenstift; allerdings bürgerte sich die Bezeichnung Kloster ein wie auch die dort lebenden Ordensmitglieder (Chorherren) in der Allgemeinheit oft Mönche genannt wurden. Veßra entstand - wie bei den Prämonstratensern zunächst durchaus üblich - als Doppelstift, dem Männer und Frauen angehörten. Jedoch zerstörte ein Brand im Jahre 1175 die Unterkünfte der Chorfrauen, woraufhin diese wenig später im rund vier Kilometer südlich gelegenen Trostadt eine eigene Niederlassung erhielten.

Anfangs stand ein Propst an der Spitze des Klosters Veßra, seit 1333 war es ein Abt, der 1503 bischöfliche Insignien erhielt.

Blick in die Torkirche
Blick in die Torkirche

Der Aufbau des Klosters zog sich über Jahrzehnte hin. Offenbar reichten die Mittel der Henneberger schon bald nicht mehr aus, sodass sie bereits 1135 beim Bischof Otto von Bamberg Unterstützung suchten und ihm eine Stiftung übertrugen. Dadurch wurden die Bamberger Bischöfe Lehnsherrn der weltlichen Besitzungen des Veßraer Klosters, während die Grafen von Henneberg die Schutzherrschaft ausübten. Diese versuchten die Henneberger zu vertiefen, als sie um 1274 ihre Residenz auf die Bertholdsburg in - das unweit von Veßra entfernte  -  Schleusingen verlegten. Kirchlich gesehen war Kloster Veßra als Teil der Diözese Würzburg dessen Bischof unterstellt. Diese religiös-politische Kompetenzverteilung machte es dem Kloster nicht gerade leicht, behinderte seine erfolgreiche Entwicklung aber kaum. Auf dem Höhepunkt seines Einflusses hatte Kloster Veßra Grundbesitz in rund 170 Orten (verstreut vom mittleren Werraraum bis zum Main). Ihm unterstanden drei Propsteien (Georgenberg bei Rodach, Ottelmannshausen bei Königshofen, Haard bei Kissingen) und fünf Klöster (darunter Griffenthal in Kärnten). Kloster Veßra war zudem für den Pfarrdienst in 50 Gemeinden zuständig. Seine Rolle als karitatives und kulturelles Zentrum zeigt sich u. a. darin, dass in Veßra eine der frühesten Schulen in dieser Region entstand, dass das Kloster ein Hospital und ein Siechenhaus betrieb und dass es - wie das Klosterbauwerk offenbart - befähigte Baukünstler, Bildhauer und Maler beschäftigte. Auch verfügte Veßra über eine beachtliche Bibliothek an mehrfarbigen Handschriften und es wurden dort wichtige Ereignisse der Region in einer Chronik („Annales Vesserenses") festgehalten, die allerdings nicht erhalten blieb.

Torbereich mit spätromanischer Fassade (über dem großen Tor Hennebergisches Wappen)
Torbereich mit spätromanischer Fassade (über dem großen Tor Hennebergisches Wappen)

Im 16. Jahrhundert erlebte das Kloster einen Zeitenwechsel. Nicht nur, dass es während des Bauernkrieges 1525 zweimal besetzt wurde, ab 1544 betrieben die Henneberger in ihrem Herrschaftsgebiet die Reformation und lösten die Klöster auf. Die Veßraer Prämonstratenser durften zwar in ihrem Kloster bleiben, doch nach dem Tod des letzten Abts 1573 wurde der Übergang zu einer landesherrschaftlichen Domäne (Gutshof) abgeschlossen. Es folgte eine rund vierhundertjährige landwirtschaftliche Nutzung der Gebäude und Anlagen. Zwischen 1677 und 1842/43 gab es auch ein bekanntes Gestüt in Veßra.

Nach dem Aussterben der Henneberger Linie 1583 wechselte die Domäne mehrfach ihren Besitzer. Sie fiel zunächst an das Haus Wettin, dann 1718 an Kursachsen und 1815 an Preußen.

Als der Dichter Ludwig Bechstein (1801-1860) auf einer Reise durch Thüringen auch Veßra besuchte, empfand er es als „imposant und pittoresk". Sichtlich beeindruckt schrieb er: „...und wäre Veßra ganz Ruine geworden, so würde diese an Reiz und Schönheit mit Paulinzella und Walkenried wetteifern." Besonders angetan war er vom „altehrwürdigen Kirchenbau, der wie eine Pforte zu einem der Eingänge in den Thüringer Wald dasteht". Und auch hier wurde der Märchen- und Sagensammler Bechstein fündig. Als überlieferte Veßraer Klostersagen zählt er auf: „(V)on einem großen Schatz in einem nicht mehr gebrauchten, verdeckten Brunnen ist immer die Rede, nicht minder von einem wandelnden Mönch, der bei Tag und bei Nacht sich sehen lasse. Ebenso von einem unterirdischen Gang nach Kloster Trostadt." (zitiert nach: Ludwig Bechstein: Unterwegs im Reisewagen. Bilder und Skizzen aus Thüringen, Greifenverlag zu Rudolstadt 1988, S. 120 ff.)

Neuer Pferdestall
Neuer Pferdestall

Die staatliche Domäne bestand bis 1945, sie wurde dann im Rahmen der Bodenreform aufgelöst und größtenteils zu Neubauernstellen parzelliert. Ab 1953 beherbergte das frühere Klostergelände eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG). Mit der Gründung des „Agrarhistorischen Museums" (1975) - das noch ausschließlich auf die Landwirtschaftsgeschichte der Region fokussiert war - wurden Teile des ehemaligen Klosters wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das thematische Ausstellungsspektrum weitete sich deutlich, als 1990 mit dem „Hennebergischen Museum Kloster Veßra" ein Museum für regionale Geschichte und Volkskunde aus der Taufe gehoben wurde. 1994 kam Kloster Veßra unter die Obhut der „Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten", 2004 wurde der „Hennebergisch-Fränkische Geschichtsverein" Träger der Einrichtung. In den vier Jahrzehnten seit der Museumsgründung haben sich alle Beteiligten sichtbare Verdienste an der Sanierung und Rekonstruktion des Klostergeländes erworben. Dieses ist mit 6 Hektar Fläche und einer erhalten gebliebenen Ummauerung von rund 780 Metern eines der größten seiner Art in Südthüringen. Wegen seiner Größe und Geschlossenheit vergleichen es Historiker gern mit einer mittelalterlichen Kleinstadt. Heute bietet Kloster Veßra in einer Mischung aus Freilichtmuseum und Ausstellungsräumen in den historischen Gebäuden einen informativen Einblick in die Kloster- und Domänengeschichte, in die Historie des Henneberger Landes, in die regionale Entwicklung der Landwirtschaft und in die Volkskunde sowie Volksarchitektur Südthüringens. Zudem gibt es zahlreiche museumspädagogische Angebote und es finden regelmäßig Sonderausstellungen statt.

Westbau der Klosterkirche mit den markanten Türmen
Westbau der Klosterkirche mit den markanten Türmen

Das bauliche Ensemble des Klosters

Wahrzeichen und Blickfang von Veßra sind die markanten Doppeltürme an der Westfassade der Klosterkirche St. Marien, die 1138 geweiht wurde und als bedeutendstes romanisches Baudenkmal in Südthüringen gilt. Der Westbau der Kirche wurde 1201-1300 errichtet. Wer heute durch das Kirchenportal schreitet, gelangt allerdings nicht mehr in die einstige dreischiffige, kreuzförmig angelegte Pfeilerbasilika, sondern betritt die Ruine des Kirchengebäudes, markiert von den steinernen Umfassungswänden, innerhalb derer noch Stümpfe der früheren Pfeiler stehen. 1939 zerstörte ein Feuer den schon lange vorher zum landwirtschaftlichen Lager umfunktionierten und 1704 mit Zwischenböden versehenen Kirchenraum. Lassen wir an dieser Stelle noch einmal Ludwig Bechstein zu Wort kommen, der auch für die Kirchtürme von Veßra eine bitterböse Sage „ausgraben" konnte: „Den einen anscheinend ältern Turm, auf dem die Uhr befindlich ist, habe der Meister gebaut, den andern schöneren, der innen und außen platt ist, der Geselle. Aus Neid habe dann der Meister den Gesellen vom Turm gestürzt." (zitiert nach: Ludwig Bechstein: Unterwegs im Reisewagen, S. 127)        

Von den zahlreichen sehenswerten Gebäuden und Besichtigungspunkten im Hennebergischen Museum Kloster Veßra sollen noch die folgenden hervorgehoben werden:

  • der Klosterzugang mit spätromanischer Fassade und 1979/81 rekonstruiertem Turm,
  • die Torkirche St. Erhard (wohl Mitte des 13. Jahrhunderts),
  • die Hennebergische Grabkapelle (1182 geweiht, bis 1559/66 Grablege der Grafen von Henneberg, ab 1610  Dorfkirche)
  • die erhaltenen Teile (südliches und westliches Gebäude) der Klausuranlage, die im Verbund mit der Klosterkirche das eigentliche Zentrum des Klosters bildete,
  • die Südkapelle (frühes 13. Jahrhundert, Ort eines Marienkults, kreuzgradgewölbter Raum mit zwei röhrenartigen kreisrunden Öffnungen für einen genau berechneten Lichteinfall zu bestimmten Zeiten im Jahr),
  • der Klostergarten (1978 rekonstruiert nach dem Beispiel des St. Gallener  Klosterplanes)
  • Neuer Pferdestall (1834 erbaut, Domizil der Ausstellung zur Geschichte Südthüringens „Henneberg durch Land und Zeit")                      
Blick auf das Freilichtmuseum
Blick auf das Freilichtmuseum

Im Rahmen eines Freilichtmuseums wurde 1981 damit begonnen, verschiedene Beispiele ländlicher Wirtschafts- und Wohnkultur sowie kommunaler Architektur durch (aus anderen Orten hierher) umgesetzte Bauten im Westteil des Klostergeländes zu präsentieren. So findet man dort z. B. zwei Bauernhäuser des 17./18. Jahrhunderts aus Witzelroda (bei Bad Salzungen), eine Schmiede des 19. Jahrhunderts aus Leutersdorf (Landkreis Schmalkalden-Meiningen), eine um 1600 entstandene Wassermühle aus Wohlmuthausen (Gemeinde Rhönblick), ein in den 1870er-Jahren errichtetes Gemeindehaus aus Heckengereuth (Ortsteil von Schleusingen) und eine Friedhofskapelle des 18. Jahrhunderts aus Herrenbreitungen (Ortsteil der Gemeinde Breitungen).

Wer nach all den Rundgängen und Besichtigungen auf dem Gelände des Museums müde Füße verspürt, kann im „Café am Klostergarten" eine Verschnaufpause einlegen.

Eingang zum Klostergarten
Eingang zum Klostergarten

Öffnungszeiten des Museums:

April-Oktober: 9-18 Uhr
November-März: 10-17 Uhr
November-April: Montag geschlossen
(Ostermontag geöffnet) 

Anschrift:

Hennebergisches Museum Kloster Veßra,
Anger 35
98660 Kloster Veßra
Telefon: 036873-69030

 

*****

Quellen:

Hennebergisches Museum Kloster Veßra. Museumsführer. 2. Auflage, Kloster Veßra 1993
http://www.museumklostervessra.de/ (Internetpräsenz des Hennebergischen Museums)

Fotos: Thomas Handschel

 

 

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