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Gudrun Schulz
Kennst du Bertolt Brecht?

Neugier wecken für einen Autor, der mit frechem neuen Ton die bürgerliche Gesellschaft attackierte und das Theater revolutionierte. Dies gelingt der Literaturwissenschaftlerin Gudrun Schulz in diesem Band. Brecht selbst kommt mit Briefen, Gedichten und Auszügen auas einigen seiner Werke selbst zu Wort. Dem Buch liegt eine CD mit 13 Hörbeispielen bei.

Fazit : Ein Buch für alle, die noch selbst denken können.

Stadttheater Hildburghausen

Stadttheater Hildburghausen

Thomas Handschel

Ein traditionsreiches Haus

Auch in der südthüringischen Kleinstadt Hildburghausen gibt es sie – die Bretter, die die Welt bedeuten. Man ist sich dort sogar sicher, über „eines der ältesten freistehenden und durchgängig bespielten Theater in Deutschland“ zu verfügen (so auf der offiziellen Homepage der Stadt nachzulesen). Wer das Gebäude in der Coburger Straße 22 heute in Augenschein nimmt, trifft allerdings auf ein äußerlich teilweise sehr modern wirkendes Haus. Das ist das Ergebnis eines jahrelangen, 2008 abgeschlossenen und rund zwölf Millionen Euro teuren Umbaus und Faceliftings.

Vom Ball- und Fechthaus zum Hoftheater

Das Theater steht unweit des Flusses Werra am südöstlichen Rand des Schlossparks von Hildburghausen. Seine Existenz lässt sich wohl vor allem darauf zurückführen, dass die Stadt für knapp 150 Jahre die Residenz des 1680 durch Erbteilung entstandenen kleinen Fürstentums Sachsen-Hildburghausen war. Dessen regierende Herzöge waren wie alle Potentaten bestrebt, ihren Herrschaftssitz so prunk- und glanzvoll wie möglich auszustatten. Und dazu gehörte auch – zumal sich die Herzogsfamilie sehr kunstsinnig gab – früher oder später ein Theater. Doch zunächst errichtete man an seinem Standort 1721 einen Vorgängerbau, das Ball- und Fechthaus. Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: Es war kein Ort der rauschenden Feste und Bälle, in deren Gefolge sich dann vielleicht hitzköpfige und ehrversessene Kavaliere duellierten. Nein, der Name ist wörtlich zu nehmen: Es handelte sich um ein Gebäude, in dem man dem Ballspiel frönen und sich im Umgang mit dem Degen üben konnte, eine Stätte körperlicher Ertüchtigung, wie sie damals in zahlreichen Städten, besonders in Universitäts- und Residenzorten, existierten. In Hildburghausen wurde zu diesem Zweck auf einer Grundfläche von 12 x 33 Metern ein zweistöckiges Gebäude errichtet, das im unteren Geschoss sieben Arkadenbögen aufwies und in der darüber liegenden Etage ebenso viele große Fenster besaß. Herzog Ernst Friedrich III. Carl (1727–1780) ließ es 1755 zu einem Theater umbauen. Schon zuvor machten immer wieder Theatergruppen in Hildburghausen halt und gaben Stücke aus ihrem Repertoire zum Besten. Wenn es keine Freilichtaufführungen im „Heckentheater“ des barocken Schlossgartens waren, dann fanden die Aufführungen im Residenzschloss oder auch schon mal im Ballhaus statt. Überhaupt schien das komödiantische Fach schon länger in Hildburghausen auf Interesse gestoßen zu sein. So trat hier um 1720 der Schauspielerprinzipal David Holzward als Hofkomödiant in Erscheinung. 1723 gastierten die „Hildburghausenischen Komödianten unter dem Prinzipal Markus Salomon“ in Stralsund, 1724 spielten Hofkomödianten aus Hildburghausen in Naumburg.

Nun, da Hildburghausen ein eigens dafür bestimmtes Haus besaß, nahm das Bühnengeschehen erst recht einen starken Aufschwung. Zahlreiche wandernde Theatergruppen gaben sich hier gewissermaßen die Klinke in die Hand, darunter so populäre wie die „Ackermannsche Truppe“ und die „Quandtsche Truppe“, daneben auch solche aus Frankreich und Italien. 1763 übernahm der Schauspieler Georg Friedrich Wolfram die Leitung des Hoftheaters. Wolfram, der zeitweilig in der Leipziger Theatertruppe der Friederike Caroline Neuber („Neuberin“) engagiert war und als Freund Lessings galt, erteilte in Hildburghausen zudem Schauspielunterricht, weshalb manche hier auch den Ort der ersten deutschen Schauspielschule sehen. Im 18. Jahrhundert war der Theatereintritt für jedermann frei. Das allein garantierte aber noch längst kein volles Haus. Lediglich die Ballettaufführungen fanden einen etwas größeren Anklang in der Bevölkerung. Um nicht ständig auf leere Sitzreihen blicken zu müssen, soll der Herzog – so ist überliefert – vor Aufführungsbeginn des Öfteren höchstpersönlich durch die in der Nähe des Theaters befindlichen Gärten und Grundstücke gezogen sein, um die ihm begegnenden Untertanen einzusammeln und zum Vorstellungsbesuch zu verpflichten. Es ist aber anzunehmen, dass er zu diesem Zweck wohl vor allem seine Bediensteten losschickte.

Die verschwenderische Hofhaltung des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen (Einnahmen von nur 72.000 Gulden standen Schulden von 4 Millionen Gulden gegenüber) ruinierte die Staatskasse und führte 1769 schließlich zur Einsetzung einer kaiserlichen Debitkommission, die eine radikale Kürzung der Ausgaben verfügte und auch eine Entlassung von Hofschauspielern erwirkte. Doch selbst danach hatte das Theater weiterhin einen festen Platz im städtischen „Kulturbetrieb“, der unter Herzogin Charlotte (1769–1818), einer Schwester der Königin Luise von Preußen, trotz der notorisch klammen Staatskasse seine Blütezeit erlebte. Die mit – dem sich sehr volkstümlich gebenden – Herzog Friedrich (1763–1834) verheiratete Charlotte lud verschiedene Künstler an ihren kleinen „Musenhof“ ein, darunter auch den Dichter Jean Paul. Sie selbst besaß eine bemerkenswerte Gesangsstimme und ließ es sich nicht nehmen, gelegentlich persönlich aufzutreten, was ihr den Spitznamen „Singlotte“ bescherte. Auch Charlottes Tochter Therese (1792–1854), die spätere Königin von Bayern, von der sich u. a. der Name des Theresienfestes in Hildburghausen herleitet, soll als Siebenjährige die Rolle des Rotkäppchens im Theater gespielt haben. Hildburghausen nimmt zudem für sich in Anspruch, dass es hier 1805 das erste (nachweisbare) Kindertheater in Deutschland gab, ein pantomimisches Ballett.

Das Stadttheater

1826 büßte Hildburghausen seine Rolle als Herzogsresidenz und das Bühnenhaus seinen Status als Hoftheater ein. Wenig rühmliche Episode: Herzog Friedrich nahm beim Umzug von Hildburghausen nach Altenburg aus dem Theater alles mit, was nicht niet- und nagelfest war, also den gesamten Fundus. Fortan befand sich das Theater in der Obhut der Bürger von Hildburghausen, die 1835 zur Verwaltung einen Theaterverein und 1849 eine „Gesellschaft der Theaterfreunde“ gründeten. Neben Lustspielen und Opern, von denen allein zwischen 1849 und 1852 rund 60 aufgeführt worden sein sollen, brachten auch Gasttheatergruppen z. B. aus Meiningen, Coburg und Bayreuth Stücke auf die Bühne.

Protegiert durch den „Theaterherzog“ Georg II. von Sachsen-Meiningen erfuhr das Theatergebäude 189091 einen grundlegenden Umbau; dieser schlug mit rund 75.000 Mark zu Buche, von denen die Stadt zwei Drittel zu erbringen hatte. Anlässlich der feierlichen Wiedereröffnung am 3. November 1891 in Anwesenheit des Herzogs wurde Lessings „Minna von Barnhelm“ aufgeführt. Auch danach war das Hildburghäuser Stadttheater ein beachteter Bühnenschauplatz; so gastierte hier z. B. im Mai 1904 ein Tourneetheater mit Maxim Gorkis Drama „Nachtasyl“. Für das damals schon berühmte Meininger Theater avancierte die Hildburghäuser Bühne zur zweiten Spielstätte. Zudem reiste die Meininger Hofkapelle häufiger zu Konzertaufführungen nach Hildburghausen.

Zu DDR-Zeiten blieb die enge Beziehung zwischen dem Stadttheater Hildburghausen und dem Meininger Theaterensemble bestehen; die Meininger bespielten die Hildburghäuser Bühne regelmäßig. Das 1953 gegründete Kreiskulturorchester Hildburghausen (dann Staatliches Sinfonieorchester Suhl, später in der Thüringen-Philharmonie aufgegangen) hatte hier ebenfalls eine wichtige Spielstätte.

1970 entstand in Hildburghausen eine Laientheatergruppe, die sich (nach dem sowjetischen Lyriker und Dichter) 1974 den Namen „Arbeitertheater Wladimir Majakowski“ gab und als profiliertes Amateurensemble im Stadttheater ihre heimische Bühne fand. 197678 wurde das Stadttheater einer Sanierung unterzogen (u. a. Erneuerung der Bestuhlung und technische Modernisierung).

Die Wende- und Nachwendezeit brachte weitere Veränderungen für das Theater in Hildburghausen. So ging aus dem Arbeitertheater 1990 die „Amateurbühne Hildburghausen“ hervor und wurde zu einem „Theater für Kinder“ mit dem Ziel, jährlich mindestens eine Inszenierung, vorzugsweise Märchenstücke, auf die Bühne zu bringen. 2015 etablierte sich zudem die „Junge Bühne Hildburghausen“ (Repertoire für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) mit Auftritten inner- und außerhalb des Stadttheaters. Schon 2003 hatte sich der „Theaterverein Hildburghausen“ konstituiert, um die hiesige Theaterkultur zu fördern und zunächst vor allem das von der Stadt verfolgte Projekt einer grundlegenden Sanierung des Theaters zu unterstützen. Der 2004 begonnene Umbau legte das barocke Kerngebäude von 1721 wieder frei, stellte das prächtige Innendekor von 1891 wieder her und erweiterte die Funktionsfläche durch einen modernen Anbau. Am 10. Oktober 2008 erfolgte die feierliche Wiedereröffnung des Stadttheaters, das im historischen Saal über rund 450 Sitzplätze verfügt und neben dem Parkett zwei dreiseitig umlaufende Emporen besitzt. Neben Theater- und Konzertvorstellungen finden auch populäre Musik- und Kabarettveranstaltungen statt, gastieren Künstler mit Tourneeprogrammen.

201214 erlebte hier mit „Das Geheimnis der Dunkelgräfin“ von Dorothee Hollender eine Schauspieltrilogie ihre Uraufführung, die auf ein mysteriöses und bis heute ungeklärtes Ereignis der Hildburghäuser Geschichte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Bezug nahm.


*****

Fotos: Thomas Handschel


Quellen:

- Hildburghausen. Der kleine Klassiker … informiert. Informationsbroschüre der Stadt Hildburghausen. 7. Aufl. 2013, S. 10

- Olaf Jaenicke (Text) und Stephan Six (Fotos): Zeitsprünge Hildburghausen. Hrsg. vom Stadtmuseum Hildburghausen. Sutton Verlag, Erfurt 2013, S. 72 f.

- Hans-Jürgen Salier: Kleine Chronik Hildburghausen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Salier-Verlag, Leipzig und Hildburghausen 2008

- Vorspiel. Das Theater-Magazin mit Programm für die Spielzeit 2008/2009. Hrsg. vom Theaterverein Hildburghausen e. V. 2008

- Chronik Hildburghausen: http://www.schildburghausen.de/chronik/

(Texte: Hans-Jürgen Salier; zuletzt abgerufen am 1.12.2017)

- https://www.hildburghausen.de/verzeichnis/visitenk... (Auskünfte zum Stadttheater auf der Homepage von Hildburghausen; Infos zur Theatersanierung unter: https://www.hildburghausen.de/seite/166981/info-brosch%C3%BCre.html)

- http://www.junge-buehne-hildburghausen.de/

- http://www.stadttheater-hildburghausen.de/index.ht...

- http://www.theaterverein-hildburghausen.de/

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