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Horst Nalewski

Goethe hat ihn bewundert.

Goethes Begegnungen mit Felix Mendelssohn Bartholdy.
Der Musikkenner und international geachtete Literaturwissenschaftler Horst Nalewski erzählt anhand fünf ausgewählter Beispiele von dem außergewöhnlichen Aufeinandertreffen und Zusammenwirken zweier Künstler. Eine CD mit den Musikstücken liegt diesem Büchlein bei.

Die Felsenburg Buchfart

Die Felsenburg Buchfart

Wolfgang Müller

Ein einzigartiges Kulturdenkmal in der Nähe von Weimar

„Kennst du die Burg, gegraben in bergigen Felsen, der aus dem Tale hochragend zum Himmel emporstrebt? Wellen der im umspülen den Fuß ihr, - die Zinne wählet zur Weide für seine Schafe der Hirt."

schrieb Johann Wolfgang von Goethe seinem Freund, dem Kantor und Organisten Friedrich Heinrich Schütz in Bad Berka ins Stammbuch. Goethe hat die Besonderheit dieser historischen Felsenburg - die einzige ihrer Art in Thüringen - erkannt und bei seinen Besuchen in Buchfart immer wieder hervorgehoben. An den Höhlen vorbei verläuft der Weg, den Goethe benutzte, wenn er von Weimar über Buchfart, Saalborn und Neckeroda nach Großkochberg wanderte oder ritt, um Frau von Stein auf ihrem Landsitz zu besuchen. Heute ist dieser Goethewanderweg ein gern genutzter Pfad für Wanderer und Naturfreunde.
 
Am 17.02.1777 schrieb Goethe in sein Tagebuch „von Großkochberg über Blankenhain, Saufeld und Hirschruf nach Buchfart geritten". Im gleichen Jahr am 23. April schreibt er: „mit Freund Einsiedel in Buchfart im Garten zusammen gesessen." Am 1. Dezember 1781 vermerkt Goethe: „den Holzvorrat bedenkend von einem Buchfarter Bauern Wellenholz vorteilhaft gekauft".

alte Ansicht der Felsenburg
alte Ansicht der Felsenburg
Nicht nur Goethe faszinierte die Felsenburg, bereits im Jahr 1551 suchte der Arzt und Mineraloge Georg Agricola, die Höhlen auf. Seine Beobachtungen hat er in seinem Buch „Von unterirdischen Lebewesen" festgehalten. Grund des Besuches waren die Aussagen von Bewohnern des Mittleren Ilmtals, wonach in den Kammern der Burg Troglodyten - zwerghafte „unterirdische Wesen gehaust haben sollen".

Damit sind wir bei einem der Rätsel um die Felsenburg: Einheimische behaupten, die Höhlen seien Wohnungen von Zwergenwesen, andere sprechen von Räuberhöhlen oder von den Resten eines alten Raubschlosses. Diese Deutungen gehören eher in den Bereich der Sagen und haben mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun. Noch liegt vieles über die Historie der Burg im Dunkeln, es gibt aber auch gesicherte Fakten über ihre Entstehung.

Die 15 Höhlen, wie sie heute zu sehen sind, scheinen nur ein Teil der gesamten Felsenburg gewesen zu sein. Im „Heimatbuch des Kreises Weimar aus dem Jahr 1925 schreibt der lange Jahre in Buchfart als Pfarrer wirkende Herr Heubel:

Die Felsenburg
Die Felsenburg

„Es ist wenig bekannt, daß die Höhlenkammern der Buchfartsburg in zwei Reihen übereinander liegen. Man kennt meist nur das obere Stockwerk. Vom unteren lassen sich auch nur noch zwei bis drei Höhlenrückstände feststellen, alles andere ist in die Tiefe gestürzt. Aber diese unteren Höhlen sind deshalb bemerkenswert, weil auf ihrer Höhe in der Eiszeit das Ilmbett und die Anfänge der Buchfartsburg liegen. Seitdem hat sie ihr Tal fast zwanzig Meter ausgetieft und durch die stürzenden Schuttmassen ein Stück vom Fuß der senkrechten Wand abgedrängt."

Diese Vermutung Heubels bestätigt der Höhlenforscher Heß von Wichdorff in seinen Beschreibungen der „Thüringer Burgen". Dort heißt es: „Sie (die unteren Felsenkammern) liegen in gleicher Höhe mit dem oben erwähnten llmkieslager und der diluvialen Ilmterrasse, lagen also in einer diluvialen Zwischeneiszeit unmittelbar am Ufer des damals noch 20 bis 25 m höher dahinfließenden Ilmflusses. Die Ilm hat jedenfalls die Höhlen ausgestrudelt, während die unmittelbar darüber dahinstreichende Bank ... als vorspringendes natürliches Felsendach schützend über die ausgestrudelten Nischenhöhlen hervorragte."

Somit liegt es auf der Hand, dass diese Höhlen von umherstreifenden Horden der Urmenschen als Unterkunft gedient haben. Liegen doch die Orte Taubach und Ehringsdorf nicht weit entfernt.

Ein faszinierendes Bauwerk
Ein faszinierendes Bauwerk

Nachgewiesen ist inzwischen, dass diese Höhlen nach oben erweitert worden sind und zwar so, dass der bröckliche Kalk relativ leicht herauszuarbeiten war. Später dienten diese Höhlen den Bewohnern des Ilmtals als Zufluchtsstätte, wie Fossilen von Tierknochen, Glasringen und Gefäßscherben sowie ein Hornkamm aus der Merowingerzeit (5 - 8. Jahrhundert) beweisen.

In späterer Zeit sind die oberen Felsenhöhlen erweitert worden, weil sie mehr Sicherheit darstellten als die unteren. Mit diesen Arbeiten entstand die Burg, wie sie größtenteils heute noch anzusehen ist.
Relativ sicher ist die Annahme, dass die Höhlen späterer Zeit als Zufluchtsort dienten und nach der Zerschlagung des Thüringer Königreiches im Jahre 531 weiter ausgebaut wurden. Die Burg könnte auch als Zufluchtsstätte gegen die einfallenden Slawen und Ungarn gedient haben. Urkundliche Hinweise auf die Buchfarter Höhlen sind selten. Anfangs gehörten sie den Herzögen von Thüringen und den Grafen von Orlamünde. Die letzteren verkauften die Rechte an der Burg an die Grafen von Schwarzburg, im 15. Jahrhundert ging sie an die Herren von Heydingsburg (Hetschburg) über. Spätere Erwähnungen gibt es nicht, vermutlich auch, weil die Burg zwischenzeitlich verfallen war. Seit 1440 gibt es deshalb keine Aufzeichnungen mehr.

Der Zugang zu den Höhlen hat sich im Laufe der Jahrhunderte mehrfach geändert. Pfarrer Heubel vemerkt dazu:

„daß zur Zeit ihrer Blüte die Burg mit dem Dorf Buchfart durch eine kunstvoll angelegte befahrbare Straße verbunden gewesen ist. Vom Westausgang des Dorfes hinter und über der Mühle führte sie längs des Steilhanges in gelinder Steigung zur Burg hinauf. Nach der Talseite zu wurde sie von einer Stützmauer getragen, die aus gro-ßen, roh behauenen, treppenartig geschichteten Quadern errichtet war. Vor hundert Jahren war die Stützmauer noch in ziemlicher Ausdehnung vorhanden, 1912 wurden die letzten Blöcke dieser alten Stützmauer in ihrer ursprünglichen Lage gefunden, die übrigen Steine der Mauer haben jedenfalls bei Bauten im Dorfe Verwendung gefun-den. Nur wenige Blöcke liegen noch im Gestrüpp des Abhangs."

Sieht man sich die Zeichnung der Felsenburg aus unbekannter Herkunft (siehe Oben) genauer an, erscheint das sehr einleuchtend.

Neben diesem Weg führte ein unterirdischer Gang aus dem Keller eines Buchfarter Hauses zur Felsenburg. Die Mündungsstelle ist heute nicht mehr erkennbar, der Eingang in og. Haus noch vorhanden. Der Buchfarter Chronist Kurt Scharf beschreibt diese Stelle wie folgt:

Eingang zum unterirdischen Stollen
Eingang zum unterirdischen Stollen

Kriechender Wacholder und Steinkraut überdecken die verwitterte moosbedeckte Bruchsteinmauer. Die Eingangstür, mit Schwartenbrettern aufgedoppelt, hängt noch fest in ihren Pfosten. Nur zwei geschmiedete Ringe an einer rostigen kette dienen zum Öffnen der schweren Tür. Unauffällig verschließt sie den ehemaligen Fluchtweg, der zu den in halber Höhe des Felsens liegenden „Höhlen" führt. Unbegehbar heute, das einst aus Steinen, die die Natur bot, errichtete Bauwerk. Das Erdreich drückt gegen das Gewölbe. Anhaltende Trockenheit lässt es aus seinen Fugen rieseln, starke Regenfälle spülen es frei. Ein schmaler Gang, in dem man sich nur gebückt bewegen kann, führt nach einigen Metern in eine nach beiden Seiten erweiterte Wölbung. Hier konnten vielleicht zwei bis drei Dutzend Menschen Schutz finden. Die Weiterführung des Ganges ist nur noch an einer, aus ein paar übereinandergeschichteten Mauerresten und dem dazwischen liegenden Erdreich zu erkennen. 

Ob durch Verwitterung des Gesteins und in welcher Höhe die Verbindung zwischen den Höhlen bestand, ist nicht mehr feststellbar."

Im Jahre 1868 brachen ackernde Pferde in den Stollen ein und die Lehrerin und heutige Ortschronistin von Buchfart, Christa Scharf, kann sich an ein gleiches Ereignis aus ihrer Kindheit erinnern. Sie spricht von einem großen Krater, in dem sie als kleines Mädchen spielte und den Gang gesehen hat.

Es ist interessant, wie fremde Besucher die Felsenburg in der Vergangenheit gesehen haben. So schrieb Zacharias Konrad von Uffenbach in seinem 1755 erschienenen Buch „Merkwürdige Reisen":

Blick in den unterirdischen Gang
Blick in den unterirdischen Gang
„Raubschloß Puffart: Über zwei Drittel sind durch Wind und Wetter gefallen. Wenn man an den Felsen oder unterste Mauer kommt, ist es sehr beschwerlich und gefährlich, hinaufzuklettern. Kommt man aber noch höher, bis an die Zimmer, muß man gar die Leiter brauchen. Bis sechs Zimmer auf einer Reihe sind noch zu sehen, in Sonderheit die Kirche und dann noch eine Stube. Diese hat noch die Fenster, Pfosten und Gestelle, auch noch eine Tür. Darüber noch eine hölzerne Schwelle oder Balken. Von der Kirche sieht man noch einen guten Teil, darinnen der Pfeiler sehr zu verwundern. Er ist gleichfalls aus dem Felsen gehauen und unten und oben dicker. Wenn eine Hochzeit im Dorfe ist, steigen die jungen Leute gemeiniglich hinauf und tanzen noch um diesen Pfeiler (Anno 1753). Die übrigen Zimmer sind alle gar sehr zerfallen. Oben über diesem Felsen ist das Feld, von dem das Rätsel sagt: Dieses ist so groß, daß man es nicht absehen kann. Es ist nicht bebaut, sondern eine Heide, davon der Vers sagt, daß das Vieh auf ihr weidet. Wenn man oben steht, sieht man nichts von dem Felsen und Gebäude. Kommt man aber ganz hervor, so sieht man in eine erschreckliche Tiefe hinunter. Daß das Schloß mit nichts als Hunger hat bezwungen werden können, wenn ihm weder Schießen, noch sonst wegen seiner Höhe beikzukommen war."
In einem weiteren Artikel wird es um die Bemühungen zum Erhalt dieses Kulturhistorischen Schatzes im mittleren Ilmtal gehen, die 2009 erfolgreich beendet worden sind.

Zum Schluss der Betrachtungen sollen die drei schönsten Sagen um die Felsenburg erzählt werden, so wie sie von Generation zu Generation in dieser Gegend des Ilmtales weitererzählt wurden.

Ein Müllerbursche aus Hetschburg wurde von einem Geist aufgefordert, am nächsten Abend zur Burg zu kommen, um einen Schatz zu heben. Nur sollte er seinen Paten, einen Hexenmeister, nicht mitbringen. Aber der Bursche, dem die Sache nicht geheuer war, brachte ihn dennoch mit. Der Geist erschien, gab dem Burschen statt des Goldschatzes ein paar kräftige Ohrfeigen und verschwand auf Nimmerwiedersehen.
Eine andere Sage erzählt von einem Maurer und einem kleinen Männlein. Ging da in einer Nacht ein Maurergeselle durch das Ilmtal seinem Heimatdorfe zu. Mit dem Mitternachtsglockenschlag der Turmuhr von Buchfart stand ein kleines Männlein neben ihm und forderte ihn auf, mit zur Felsenburg zu kommen. Dort mußte der Maurer auf Geheiß des Männleins eine Vertiefung im Felsen erweitern. Es war der Eingang zu einem unterirdischen Gang. Nach getaner Arbeit durfte er heimgehen, mußte aber versprechen, am nächsten Abend wiederzukommen und äußerste Verschwiegenheit zu bewahren. Das Männlein gab ihm eine Handvoll gelber Blätter für seine Frau mit. Auf dem Heimweg warf der Maurer verdrießlich die Blätter weg, nur eins blieb, ohne daß er es merkte, an seinem Rock hängen. Als die Frau am anderen Morgen am Rock ihres Mannes eine glänzende Goldmünze entdeckte, konnte dieser nicht länger schweigen und erzählte ihr von seinem nächtlichen Erlebnis. Am anderen Abend ging er wieder zur Felsenburg. Aber er fand den Eingang zur Höhle nicht mehr, auch das Männlein stellte sich nicht ein; und die weggeworfenen Blätter, nach denen er eifrig suchte, waren nicht zu finden.

Wieder eine andere Sage erzählt von dem Wunderfräulein des Berges. Wenn der Frühling kommt, reitet Trutina, das geheimnisvolle Bergwesen, auf einem weißen Hirsch mit goldenem Geweih zu Tal umringt und gefolgt von zarten Luftgestalten. Erst wenn die Blätter fallen, kehrt sie zur Burg zurück. Wer sie erschaut, den zieht es unweigerlich hinauf und hinein in die Felsen - auf Nimmerwiedersehen. Wohl warnt ein getreuer Eckard am Eingang der Burg jeden, der nach der Holdin strebt, aber seine Warnungen nützen nichts, ihr Zauber ist zu groß. Und keiner ist wiedergekommen, hinter dem sich die Pforten der Burg geschlossen haben.
Blick auf die Felsenburg
Blick auf die Felsenburg

*****

Literaturverzeichnis

1. Ernst Leißling, Das mittlere Ilmtal; VEB Greifenverlag zu Rudolstadt, 1966
2. Christa und Kurt Scharf, Buchfarter Chronisten

Bildquellen:

Titelbild, Die Felsenburg, Video im Text und Blick auf die Felsenburg: Nix0n (Anonym empfangen)

Alte Ansicht der Felsenburg, gemeinfrei 

Ein faszinierendes Bauwerk, Eingang zum unterirdischen Stollen und Blick in den unterirdischen Gang: Kurt Scharf, Buchfart

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