Was einem Papiermacher aus Arnstadt begegnetete
Anette Huber-Kemmesies
Eine wundersame Entführung
Die Angst vor dem Teufel war zu allen Zeiten groß. Nicht selten berichteten Menschen, der Leibhaftige sei ihnen in Form einer Ziege oder eines Bockes erschienen, wodurch er sich einen Namen als gehörnter machte. Dass der Teufel die Menschen in Versuchung führt ist seit dem Alten Testament bekannt. In dieser Sage nun scheint sich der Teufel einen Menschen entführen zu wollen. Nur der Name des Gottessohnes konnte diesen retten.
„Am 8. Mai 1627 kam ein Papiermacher aus Arnstadt nach Erfurt und nimmt im Gasthofe zum halben Mond vor der Graden Herberge. Da wird er in der Nacht von einem Bocke geholt. Der führt ihn zum Fenster hinaus hoch in die Lüfte ohne das Fenster zu öffnen oder zu zerbrechen. Als er nun mit ihm bis an den Krautsteg gekommen, läßt er ihn niederfallen. Der Fremde bleibt eine Weile liegen, kommt zu Bewußtsein und geht nackend, wie er ist, zu seinem Gasthofe, klopft den Wirth heraus und bittet ihn, die Thüre zu öffnen. Auf des Wirthes Fragen, wie er aus dem Haus gekommen sei, weiß er keine Antwort zu geben und konnte nicht mehr sagen, als daß er in der Luft schwebend erwacht sei, habe den Namen Jesus gerufen und sei dann auf die Erde gefallen. Als man ihn frug, ob er abends zuvor gebetet oder ob ihm irgend geträumt, bejahte er das erstere. Nach diesem lag er 4 bis 5 Tage lang im Bette und konnte sich schier weder wenden noch regen, aber man sah an ihm keinen Makel, nur daß er sich an der einen Schulter die Haut ein wenig geschunden habe.
H.K. Geschrieben Chronik v. Erf. P. 401."
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(Quelle: Heinrich Kruspe: Sagenbuch der Stadt Erfurt, Gesamtausgabe von 1877 mit 160 Sagen, 4. Reprintauflage, Rockstuhl Verlag 2010.)
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Bonifazio de' Pitati (1487-1553), St Michael Vanquishing the Devil, 1530, gemeinfrei
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